Leine entwickeln, nicht versenken!
Medien-Information vom 19. 11. 2005.
Auf einem Leine-Spaziergang plädierte der Architekt Jochen Brandi für die Entwicklung der Leineauen und für ein umfassendes Verständnis dieses Landschaftsraumes. Stadtbaurat Dienberg informierte über den Rückzug des aufgelegten Hochwasserprojektes und dessen Überarbeitung.
Aufgeschreckt durch ein Verbauungsprojekt der Leine durch das Stadtgebiet, veranstaltete der Verein „Stadt und Planung Göttingen“ am vergangenen Samstag eine trotz kalter Witterung gut besuchte Begehung. Auf der Strecke zwischen Godehardbrücke und Flüthewehr informierten Vereinsmitglied Architekt Jochen Brandi, Stadtbaurat Thomas Dienberg und Dr. Ralph Mederake vom BUND über Zweck und Konsequenzen der vorgesehenen Massnahmen.
Eindrucksvoll führte Brandi die TeilnehmerInnen in das Empfinden dieser wertvollen Landschaft ein. Die besonderen Lichtverhältnisse brachten eine Vielfalt ganz neuer Eindrücke zu Tage.
Vom geplanten Schöpfwerk bei der Leinekanaleinmündung über die Deicherhöhungen beim Schiefer Weg und Mauerbauten bis hin zu den Sohleabsenkungen im Abschnitt DB-Brücke bis Freibad Brauweg wurde das Projekt sehr kritisch hinterfragt. Einzig das Schöpfwerk wurde als sinnvolle Massnahme davon ausgenommen. In der Summe würde das Projekt zu einem weiteren Verschwinden der Leine aus dem Stadtbild führen. Obwohl die mit Hochwasserschutz begründeten Einzelmassnahmen an den besichtigten Stellen ingenieurmässig begründet werden können, zeigt es sich, dass diese Art der Problembewältigung nicht nur in Bezug auf die rechtlichen Grundlagen veraltet ist, sondern auch die künftige Gestaltungsfreiheit für die Stadtentwicklung immer mehrt einschränkt. Notwendig ist vielmehr ein stimmiges Konzept, das inhaltlich die präventiven Massnahmen in den Vordergrund stellt und räumlich zusammen mit allen Kommunen im Einzugsgebiet erstellt wird. Dazu Brandi: „Hochwasserschutz muss vor der Stadt erfolgen!“
Am Beispiel des ehemaligen Steritex-Geländes konnten sich die inzwischen durch Glühwein aufgewärmten Spaziergänger davon überzeugen, dass „Wohnen am Wasser“ nach den Ideen des Architekten Brune als eine neue Qualität von Göttingen gesehen und entwickelt werden sollte.
Beim Kiessee wurde eine Erweiterung in Richtung Rosdorf leidenschaftlich diskutiert und als eine durch Kiesgewinnung eigenfinanzierte Förderung der Naherholung und des Hochwasserschutzes erkannt.
Im Verlaufe des Spazierganges wurde immer deutlicher, dass langfristig nur ein auf der Grundlage des Gewässerentwicklungsplanes aufbauendes Konzept sowohl ökologisch als auch ökonomisch vernünftig sein kann. Dazu gehört auch ein waches Bewusstsein für die Eigenschaften unserer gewässerbetonten Gebiete. In diesem Sinne konsequent war denn auch das kurze Schlusswort des Vereinsvorsitzenden Uwe Scheibler: „Die Landschaft muss wieder das Gesetz werden!“